Wir Bewohner wollen das verhindern
Wir, die Bewohner des Blocks Erich-Weinert-Straße 1–4, wurden von unserer WG Schiffahrt-Hafen zu einer Informationsveranstaltung am 5. Juli eingeladen. Im Anschreiben der WG stand, dass sie sich freut, uns eine frohe Botschaft verkünden zu können, und die WG wollte diese Freude mit uns teilen. Die Veranstaltung wurde eröffnet, und die Vertreter der WG sowie der Moderator verkündeten uns ihre freudige Nachricht. Die WG hat Bauland im Umfeld unseres Hauses von der Stadt erworben. Jetzt kann endlich mit der Bebauung unserer schönen Grünanlagen, welche sich über Jahrzehnte zu kleinen Parkanlagen und Orten der Erholung entwickelt haben, begonnen werden. Als uns Einwohnern die Bebauungspläne dann auf den Bildschirmen dargestellt wurden, war es mit unserer Freude schnell vorbei. Es stellte sich heraus, dass unser Wohnblock, bestehend aus den Aufgängen 1–4 abgerissen werden soll. Warum? Der Abriss soll der Beschaffung größeren Wohnraumes dienen. Statt 2,5-Raum nun 4-Raum Wohnungen für junge Familien mit mehreren Kindern, die in Rostock unbedingt benötigt werden. Welche Freude, für wen? Für uns Bewohner? Uns stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Niemand hat mit solchen Maßnahmen gerechnet. Die benachbarten Wohnblocks wurden modernisiert, aber nun soll unser Wohnblock verschwinden. Wir sollen umziehen und aus unserem sozialen Umfeld herausgerissen werden. Wir Bewohner sind strikt dagegen, und wir fragen uns, was gewesen wäre, hätte eine andere WG das umliegende Bauland gekauft. Mit Sicherheit wäre unsere WG dann nicht auf die Idee gekommen, unser Haus abzureißen.
Wir wenden uns vehement gegen den beabsichtigten Abriss unseres Wohnblocks und fordern unser Mitspracherecht als Genossenschaftsmitglieder ein. Eine Genossenschaft hat sich an den Interessen ihrer Mitglieder zu orientieren, so sollte es auch bei uns sein. Wir bitten auch die Rostocker Bürger, die Politik und die Stadtverwaltung um ihre Unterstützung. Unser Wohnblock ist baulich intakt, das wurde uns versichert. Daraus folgt, dass eine Sanierung bzw. Modernisierung, so wie sie im Nachbarblock Erich-Weinert-Straße 5-8, ohne dass die Mieter ausziehen mussten, durchgeführt wurde, auch bei uns möglich ist. Der Bedarf nach größerem Wohnraum ist nachvollziehbar. Für die Gewinnung von solchem Wohnraum dürfen aber keine intakten Wohnblöcke aus einem historisch gewachsenem Wohnquartier, dem Wohnpark Südstadt, abgerissen werden. Es gibt freie Flächen, wo eine Bebauung möglich ist. Dort sollte auch genug Platz sein, um größeren Wohnraum zu schaffen. Wir gehen davon aus, dass durch bauliche Veränderungen auch in unserem Block Wohnungen vergrößert werden können. Andererseits wissen wir, dass viele Menschen genau so einen Wohnraum suchen, wie er bei uns im Haus vorhanden ist. Es gibt also Alternativen zum Abriss und zur daraus folgenden Entwurzelung von Menschen, die zum Teil schon über mehrere Jahrzehnte bei uns im Wohnblock beheimatet sind.Ein Abriss unseres Hauses würde auch bedeuten, dass preisgünstiger Wohnraum in der Südstadt verloren geht. Die Umzugsperspektive, die uns unsere WG aufgezeigt hat, würde bedeuten, dass wir mit 7,50 Euro Nettokaltmiete pro Quadratmeter mehr bezahlen müssten als jetzt. Das ist nicht akzeptabel.
Im Juli 1963, also vor 55 Jahren, war unser Wohnblock bezugsfertig. Einige Bewohner unseres Hauses sind zu dieser Zeit eingezogen, andere kamen später. Der Einzug erfolgte noch mit Gummistiefeln, einen befestigten Fußweg gab es nicht. Im sogenannten „Subbotnik“ wurde dann das Umfeld gestaltet. Eine Sandkiste wurde gebaut und mit deren Aushub die Vorgärten angelegt. Hier haben wir unsere Kinder großgezogen, hier sind wir älter geworden. Hier wollen wir auch unseren Lebensabend in vertrauter Umgebung verbringen. Deshalb bitten wir die Öffentlichkeit um Unterstützung in unserem Ringen, einen Abriss der Erich-Weinert-Straße 1 bis 4 zu verhindern.
Heinz Bischoff und Wolfgang Schulenburg im Namen der Hausbewohner
KONTAKT
Heinz Bischoff, E.-Weinert-Str. 2
Wolfgang Schulenburg, E.-Weinert-Str. 1