Beginenhof kämpft um den Erhalt

Beginenhof Rostock Südstadt Erhalt Schließung

Wir Mitarbeiterinnen wollen den Beginenhof als Gesamtprojekt erhalten

Der Beginenhof ist 1990 aus der Frauenbewegung der Wendezeiten entstanden, als ein Ort für Rostocker Frauenprojekte. Zunächst befanden sich die Räumlichkeiten am Rosengarten und dann ab 1994 in der Rostocker Südstadt (Ernst-Haeckel-Straße 1) als Dach für vielfältige Fraueninitiativen und Vereine. Der Mietvertrag mit der Stadt läuft am 30. April 2019 aus. Danach will die Stadtverwaltung den Standort ausschließlich für eine bzw. zwei größere Kitas und das Mädchenhaus nutzen. Die anderen Angebote im Beginenhof (Beratung/Bildung/Begegnung) müssen sich dann neue Räume suchen.
Frauenprojekte haben den Standort in der Südstadt in Selbstverwaltung aufgebaut und erhalten, haben den Kindergarten vor Ort als festen Bestandteil des Beginenhofes mit aufgebaut. Es gibt keinen weiteren solchen Ort in unserer Stadt. Der Beginenhof ist fester Anlaufpunkt in Rostock für frauenpolitische Aktivitäten. Ein Ort für Begegnung und Austausch für Privatpersonen, Gruppen und Initiativen – eine Anlaufstelle für viele Frauen, die sich in Krisensituationen oder Lebensphasen der Neuorientierung befinden, die einen ideellen oder tatsächlichen Raum suchen, um eigene Ideen, seien es politische, berufliche oder soziale, zu verwirklichen. Solche Orte, die auch die Lebensqualität einer Stadt ausmachen, gibt es in Rostock immer weniger.


1994 haben die Gründerinnen des Mädchenhauses den Beginenhof bewusst als Standort für dieses geschlechtsspezifische, stationäre Jugendhilfeangebot gewählt. In dem geschützten Rahmen eines Frauenzentrums sollen Mädchen sich ausprobieren können, z.B. im Rahmen von Projekten mit der Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt oder bei Praktika in Kita, Küche, Hausmeisterei. Dabei können Mädchen Erfahrungen von Solidarität, Selbstermächtigung und Empowerment vermittelt werden. Die Mädchen erleben unmittelbar ein frauengeführtes Haus in Selbstverwaltung und wie Frauen damit Verantwortung für ihr Leben und das Gemeinwesen übernehmen.Neben dem Frauenzentrum hat sich der Beginenhof auch als sozialräumliches Angebot für die Südstadt / Biestow entwickelt. Senior*innen aus der Umgebung gehen im hauseigenen Café Frauentreff Mittag essen oder nutzen diese Räumlichkeiten für Gesprächs- und Bastelrunden oder für Familienfeiern. Einwohner*innen des Stadtteiles nutzen die Sport- und Kursangebote im Sport- und Tanzraum oder in den Seminarräumen des Hauses, Selbsthilfegruppen wie Frauen nach Krebs, Tabuzone Depression oder Parkinson nutzen die Räume des Beginenhofes für ihre Angebote. Mit ausschließlicher Nutzung als Kita und Betreuter Wohnform Mädchenhaus würde dieser Ort der Begegnung für den Stadtteil ersatzlos wegfallen. Das SBZ Südstadt/ Biestow kann keinen Ausgleich bieten, sind seine Kapazitäten doch restlos ausgebucht.

Das Gesamtkonzept des Beginenhofes besteht aus den Grundsäulen Beratung/Begegnung/Bildung, die eng ineinandergreifen. So bietet der Beginenhof einen niedrigschwelligen Zugang für Hilfesuchende mit den Beratungsangeboten der Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt und dem Integrationsprojekt für langzeitarbeitslose Frauen und Männer „Kontakt für Arbeit“. In einem ganzheitlichen Frauenzentrum ist nicht für jedermann klar erkennbar, ob jemand in die Kita, zu einem Seminar oder Sportkurs geht oder ein im Haus befindliches Beratungsangebot nutzt. Dies erleichtert vielen Menschen den Zugang zu Beratung und Hilfe.
Das Konzept Beginenhof mit seinen in 28 Jahren gewachsenen Strukturen und Synergien hat sich in seiner Gesamtheit bewährt. Einzelne wesentliche Bestandteile herauszulösen, würde gravierende und zum Teil existentielle Auswirkungen auf den Bestand der anderen Teile und damit auf das Frauenzentrum als Ganzes haben.

Das werden wir nicht akzeptieren, denn damit wird das einzige Frauenzentrum in Rostock mit seinen in 28 Jahren gewachsenen Strukturen und Synergien zerschlagen. Vom Beginenhof gehen viele gleichstellungspolitische Impulse in die Rostocker Stadtgesellschaft aus, zur Verwirklichung der Chancengleichheit für Frauen und Männer. Das ist in heutigen Zeiten notwendiger denn je, steht doch der Kampf für Geschlechtergerechtigkeit zunehmend unter Legitimationszwang von Rechtspopulisten. Kindertagesbetreuung und Gleichstellungsarbeit dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Beides ist notwendig. Rostock braucht ein funktionierendes Frauenzentrum, das für alle Rostocker*innen gut erreichbar ist. Deshalb fordern wir die Stadtverwaltung zum Erhalt des Beginenhofes mit seinen gesamten Angeboten am jetzigen Standort auf. Dazu muss der Mietvertrag mit den Rostocker Frauen­initiativen e.V. verlängert werden.
Kerstin Preis, Koordinatorin Rostocker Fraueninitiativen